Zur Unterstützung des Videos "Beobachter vs Dualismus" möchte ich nun noch einmal schriftlich versuchen das Beobachten von der Analyse abzugrenzen. Man kann vereinfacht sagen, dass die Analyse etwas Gedankliches ist und das Beobachten nicht. Die Analyse erzeugt eine gedankliche Trennung zwischen dem Analysten und dem zu Analysierenden. Beides bin aber ich. Hierauf bin ich im Video schon eingegangen. Ein anderes Problem ist aber, dass die Analyse eine gedankliche Illusion erzeugt. Die Illusion der Vergangenheit. Bevor ich hier weitermache muss ich auf diese Hypothese genauer eingehen.
Was ist Vergangenheit? Ist Vergangenheit etwas Reales? Kann ich die Vergangenheit erleben? Kann ich den gestrigen Tag noch einmal erleben? Kann ich zurück gehen und noch einmal das leckere Stückchen Kuchen schmecken? Sicher ich kann es mir noch einmal kaufen aber es wäre nicht mehr dasselbe Stück und ich könnte es nicht mehr so schmecken wie gestern. Wenn ich an den Kuchen denke kriege ich einen bestimmten Geschmack auf der Zunge aber ist das wirklich der Geschmack den ich hatte als ich den Kuchen gegessen habe? Woher soll ich das wissen? Dazu müsste ich ja wissen wie der Geschmack gestern war. Das einzige was ich von dem Geschmack noch habe ist die Erinnerung. Eine Erinnerung ist aber nur eine Repräsentation. Ich kann sagen der Kuchen hat süß geschmeckt. Aber "süß" ist nur ein Wort, dass etwas Süßes repräsentiert nicht die Süße selbst. Das Wort süß ist ziemlich geschmacklos.
Zeitreisen einmal ausgeschlossen habe ich keine Möglichkeit an den gestrigen Tag zurückzukehren. Ich kann ihn nur gedanklich repräsentieren. Ich kann mich an ihn erinnern. Die Erinnerung an den süßen Kuchen habe ich jetzt. Aber es ist eben nur das. Eine Erinnerung eine Repräsentation sozusagen. Die Vergangenheit ist eine Illusion die ich jetzt gedanklich erzeuge. Sie kann mich vom jetzigen Moment ablenken aber sie kann mich nicht zurück in den gestrigen Tag bringen.
Hierin liegt das Problem der Analyse. Wenn ich um bei dem Kuchenbeispiel zu bleiben analysieren möchte was sich da gestern in mir abgespielt hat kann ich nur meine gedankliche Repräsentation analysieren nicht aber das Ereignis selbst. In einer Repräsentation geht aber immer etwas verloren. Das genaue Zusammenspiel meiner Emotionen und Gedanken bevor ich den Kuchen gegessen habe kann ich unmöglich rekonstruieren. Ich kann mir nur eine Geschichte erzählen wie es dazu gekommen ist, dass ich den Kuchen gegessen habe. Aber die Geschichte wird eine Menge Fehlinterpretationen und Selbsttäuschungen enthalten außerdem wird ihr die Lebendigkeit des Ereignisses fehlen. Ich erinnere mich daran wie unzufrieden ich oft bin wenn ich von einem tollen Ereignis in meinem Leben erzählen möchte und merken muss, dass die Worte die ich dazu benutze die Essenz des Erlebten nicht enthalten und ich dem jeweiligen Zuhörer nur mit einem gedanklichen Abklatsch des tatsächlich Erlebten versorgen kann.
Wenn ich Analyse betreibe analysiere ich also nur die fehlerhafte Geschichte die ich mir gedanklich zu dem Ereignis gesponnen habe. Ich schaue nur auf eine leblose Repräsentation. Anstatt den Patienten zu behandeln behandle ich quasi sein Foto.
Nun könnte man sagen: "Okay das eine ist was ich gestern getan habe aber ich kann mich doch hinsetzen meine Gedanken beobachten und dann schlussfolgern warum ich den und den Gedanken habe, da erzeuge ich doch keine Vergangenheit." Genau so hat Meditation bei mir lange Zeit stattgefunden. Ich will einmal versuchen wiederzugeben wie das ablief (man beachte, dass das nur eine Repräsentation sein kann). Um das Problem zu verdeutlichen werde ich Gedanken die ich hatte in [] schreiben und mit einer Uhrzeit versehen.
00:00 [ich hab jetzt keinen Bock mehr zu meditieren ich will lieber den PC einschalten]
00:01 [Aha der Null Bock Gedanke wieder der versucht mich aus der Meditation rauszuholen, den habe ich weil ich versuche dem gegenwärtigen Moment gedanklich zu entfliehen]
00:02[Aha ich fange schon wieder an meine Gedanken zu analysieren eigentlich wollte ich doch beobachten]
00:03 [Aber der letzte Gedanke ist doch auch analytisch vielleicht sogar ein bisschen beurteilend]
00:04 [Auch dieser Gedanke entspringt dem Gedankenstrom]
00:05 [dieser auch] ...
Um 00:00 hatte ich den ursprünglichen "null Bock Gedanken". Um 00:01 habe ich versucht diesen Gedanken zu analysieren. Da war der "null Bock Gedanke" aber schon gar nicht mehr da. Um 00:01 war nur der Gedanke [Aha der Null Bock Gedanke wieder der versucht mich aus der Meditation rauszuholen, den habe ich weil ich versuche dem gegenwärtigen Moment gedanklich zu entfliehen] vorhanden. Der "null Bock Gedanke" lag schon in der Vergangenheit und war in seiner ursprünglichen Form nicht mehr vorhanden. Alles was ich hatte war eine Erinnerung an den Gedanken die ich durch die Bezeichnung "null Bock Gedanke" repräsentiert habe. Sicher kann ich den "null Bock Gedanken noch einmal denken. Mit dem Inhalt mag mir das auch gelingen. Aber wie sich der Gedanke angefühlt hat kann ich genauso wenig nachvollziehen wie den Geschmack meines Kuchens.
Diese gedanklichen Vorgänge gedanklich nachzuvollziehen ist natürlich auch analytisch. Ich kann nur versuchen die Erfahrung die ich in der Meditation gemacht habe zu repräsentieren. Die Essenz ist leider verloren. Die Essenz kann nur im jetzigen Moment erfahren werden, nicht gedanklich. Die letzten Gedanken habe ich beigefügt um zu illustrieren in welche Teufelskreise man sich mit der Analyse begibt. Die Kunst liegt darin diesen Teufelskreis zu durchschauen und ihn zu beobachten. Dabei kann die Analyse helfen. Aber nur indem sie sich klar wird, dass sie selbst das Problem ist und den Weg für das Beobachten freigibt.
Was kann man also nicht negierend über das Beobachten sagen? Nun es findet auf jedem Fall im jetzigen Moment statt d.h. ich muss den Gedanken wahrnehmen der gerade durch meinen Kopf geht nicht den der gerade da war. Zur Beobachtung gehört natürlich auch das Analysieren zu beobachten und keinen gedanklichen Konflikt zwischen dem Beobachter und dem Analysten aufzubauen.
DER BEOBACHTER SPRICHT NICHT!
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